Hundetagebuch 46

Lieber Ulrich,

wir haben es überstanden. Mika ist sterilisiert. Aber ich kam mir vor wie ein echter Bösewicht, als wir am Freitag vor zwei Wochen bei unserer Tierärztin in der Praxis saßen und uns der „Eingriff“ noch einmal detailliert erläutert wurde. Wir sind schon mit schwankenden Gefühlen am Abend ins Bett: Was tun wir dem Tier an? Ist das wirklich richtig? Aber Welpen bekommen soll sie auch nicht. Es gibt schon genug Hunde in Tierheimen. Und zweimal im Jahr eine läufige Hündin ist weder für Tier noch Mensch besonders entspannend.

Also: wir haben es gemacht, machen lassen, ertragen, durchlitten. Wir haben die „mit einer solchen Operation immer verbundenen Risiken“ zur Kenntnis genommen, ein Formular unterschrieben, eine Träne verdrückt. Wir haben – allerdings erst wenige Minuten vor der OP dann erfahren, was in keinem der schlauen Hundebücher steht, dass eine Sterilisation oder eine Kastration Wesensveränderungen (z.B. Bissigkeit) zur Folge haben kann, dass unsere schlanke Hündin moppelig wird oder inkontinent. Na super!

Ein bisschen mehr Fleisch auf den Rippen könnte Mika nicht schaden, eine Wesensveränderung hielt selbst die Ärztin für unwahrscheinlich, aber „inkontinent“ und das vielleicht erst in vier, fünf Jahren? Wir werden es abwarten müssen, wie immer wenn die operative Medizin zuschlägt. Spätfolgen meiner invasiven Leistenbruch-OP spüre ich auch gelegentlich noch.

Zuerst aber musste das Familienrudel die „Tütenphase“ ertragen. Da unsere Sternhagener eine lange Schnauze und eine noch längere Zunge haben, war selbst die zweitgrößte Plastikhalskrause nicht ausreichend, um die Narbe vor dem Leck- und Kaubedürfnis mit absoluter Sicherheit zu schützen. Mit Hilfe meines bastelbegabten Schwagers wurde die Tüte unter Nutzung von Paketklebeband und eines Verpackungsrestes verlängert. Es sah schrecklich aus, war aber effektiv.

Jedenfalls war es für alle Beteiligten eine Erlösung, als nach zehn Tagen die Fäden gezogen wurden, ein erfolgreicher Heilungsprozess konstatiert werden konnte und die von Klebestreifen befreite Tüte in die Abstellkammer wanderte. Nun begann allerdings eine andere, ebenfalls nicht ganz stressfreie Phase. Wie Du weist, höre ich gerne auf die Empfehlungen von Tierexperten. Die Ärztin hatte uns nach der Operation mit auf den Weg gegeben, Mika durch Leckerlis, besonders attraktives Futter etc. die Schmerzphase zu erleichtern. Da unser Hündchen sonst nur am Wochenende Feuchtfutter bekommt und ansonsten trocken ernährt wird, war sie nach meinem Empfinden schon nach kurzer Zeit bereit, einen weiteren Eingriff zu akzeptieren, wenn es dadurch dauerhaft bei der Verwöhnernährung bleiben würde.

Wie wir, Mitglieder der Altersgruppe der „experienced people“ wissen, gehen alle guten Dinge einmal zu Ende, so auch die Versorgung von Frau Mika mit dem Sonderfutter. Als dann wieder das Junior-Trockenfutter für mittelgroße Hunde im Napf klapperte, beschloss unser Hund in den Hungerstreik zu treten. Selbst sonst so geschätzte große (und natürlich gesunde) Hundekekse lehnte sie ab. Du hättest sehen sollen, mit welchem angewiderten Gesichtsausdruck sie sich von ihrem Napf wegdrehte, wie sie uns durch Nichtbeachtung bestrafte. Gelegentlich gelang es D. ihr durch Handfütterung ein paar Bröckchen aufzudrängen. Nur wenn dem Trockenfutter Reste des von den Katzen verschmähten Feuchtfutters beigemischt wurden, waren gewisse, wenn auch bescheidene Erfolge zu erzielen.

Wir haben uns in diesen schweren Tagen gegenseitig gestützt: Das halten wir durch! Jetzt nicht nachgeben! Der Hunger wird es schon hineintreiben! Denkste!! Selbst heute noch, über zwei Wochen nach der Operation, hat sich die Nahrungsaufnahme zwar weitgehend, aber bei weitem nicht vollständig normalisiert. D. wendet zur Zeit den Trick an, bei vollständiger abendlicher Schüssellehrung zur Belohnung einen getrockneten Hühnerfuß, ein Stück Ochsenziemer oder eine ähnliche Schrecklichkeit als Belohnung zu reichen.

Heute sind wir – ausdrücklich mit Mika – bei Freunden zum Grillen eingeladen. Wie sich das auf die Gesamtsituation ausgewirkt hat, berichte ich beim nächsten Mal.

Guten Wau!

Hansjürgen

P.S.

Was macht die Hundegeburtstagsplanung?

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