Um die orthografischen Kenntnisse der Deutschen soll es schlecht bestellt sein. Dazu gehört auch mangelndes Wissen über Zeichensetzung. Also, welche Zeichen und wo gehören sie genau hin. Dabei sind wir Weltmeister im Zeichensetzen. Denn es wimmelt nur so von Zeichen, die gesetzt werden. Ukrainische, israelische, palästinensische Fahnen auf Demonstrationen und an Häusern sollen Solidarität zum Ausdruck bringen. Wenn der Einzelne allein und direkt nichts ausrichten kann, so soll doch wenigstens ein Zeichen gesetzt werden. Sanktionen, die gegen Russland nicht die erwünschte Wirkung zeigen, haben dann aber zumindest ein Zeichen gesetzt. Wenn russische Musiker und Künstler ausgeladen werden, so soll ein Zeichen für die Ukraine gesetzt werden. Wenn deutsche PolitikerInnen nach den konkreten Erfolgsaussichten ihrer Pendeldiplomatie befragt werden, so wird beteuert, dass doch immerhin ein Zeichen gesetzt werden konnte. Wenn deutsche Musiker , die einen Musikstil aus der Karibik spielen, von der Bühne vertrieben werden, so konnte ein Zeichen gegen kulturelle Aneignung gesetzt werden. Politiker setzten Zeichen gegen Rechts, gegen Rassismus, gegen Ausgrenzung von sexuellen Minderheiten, es vergeht kein Tag, an dem nicht zahlreiche Zeichen gegen erklärte Missstände gesetzt werden.
Flaggen und Symbole sind sichtbar, Zeichen sind zudem sprachliche Akte, die politisches Handeln nicht ersetzen, aber dafür gehalten werden können. So wie man den Wald vor Bäumen nicht erkennen kann, so kann das Setzen von Zeichen den Blick auf die Möglichkeiten und Grenzen des eigenen Handelns verstellen.
Ein Beitrag von G.H.