Lieber Hansjürgen,
noch ist es so, dass wir Emma zurückhalten müssen, wenn wir die Heckklappe unseres Combis öffnen. Sonst wäre sie mit einem Satz drin und machte sich sofort so breit, dass wir nichts anderes mehr reinbekämen. Ob sie es im Auto so schön findet oder ob sie einfach nur Angst hat, dass wir ohne sie wegfahren, wissen wir nicht. Ich lege Deine interessanten Ausführungen zur Hunderampe also erst mal auf Wiedervorlage für den Bedarfsfall.
Dabei hast Du mich auf etwas aufmerksam gemacht, was ich so noch nie bedacht hatte: Ein Hund muss natürlich lernen, so eine Rampe zu benutzen. Es handelt sich also um einen Dressurakt. Wenn er einem gelingt, könnte man vielleicht auch Elefanten dazu bringen, mit allen Vieren auf eines dieser Rundpodeste zu klettern, wie wir es noch aus dem Zirkus kennen. Ich schreibe ‚könnte’ weil solche Dressurnummern, wie ich hin und wieder Pressemeldungen entnommen habe, aus Tierschutzgründen der Vergangenheit angehören sollen. Mir leuchtet das ein. Auch wenn in anderen Zeitungsartikeln von offenbar interessierten Kreisen immer wieder behauptet wird, Tiere täten nur das, was sie auf der freien Wildbahn ebenfalls hin und wieder machen. Für die Elefanten kann das nicht zutreffen. Ich war in Gegenden, in denen Elefanten frei leben. Nirgends habe ich etwas gesehen, was auch nur annähernd so einem runden Zirkuspodest geähnelt hätte. Man muss also Behauptungen aller Art, auch wenn sie in seriösen Zeitungen abgedruckt werden, mit Vorsicht begegnen.
Das gilt besonders für Statistiken; das heißt weniger für die Statistiken selbst, als für das, was sie beweisen sollen.
Was würde es zum Beispiel für die Feststellung der Zahl der Hundehalter bedeuten, dass im vergangenen Jahr die Frauchen und Herrchen zwei Minuten länger mit ihren Hunden Gassi gegangen sind als im Jahr davor? Gar nichts.
Deshalb hat mich ein Artikel im Tagesspiegel vom 02.01. in Erstaunen versetzt. Er betrifft ein Medium, für das wir beide tätig sind.
In diesem Artikel also frohlockt die Chefin der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung, über eine Rekordnutzung des Fernsehens. Festgemacht wird das an der seltsamen Auslegung einer Statistik wie ich es mit meinem Gassigehen-Beispiel andeuten wollte: Die durchschnittliche Sehdauer in der Gesamtseherschaft ist nämlich 2015 im Vergleich zu 2014 von 221 Sehminuten auf 223 gestiegen. Ich möchte der Arbeitsgemeinschaftschefin ihren Jubel nur ungern vermiesen; es hätte mich aber schon auch interessiert, auf wie viele Seher sich das denn bezieht? Ob auch sie mehr geworden sind. Das eigentlich wäre erst eine gute Nachricht für uns, die wir dem Fernsehen verbunden sind.
Was also sagt die Sehminuten-Statistik über die Zahl der Fernsehbegeisterten aus? Siehe oben: Gar nichts. Ja, man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Augenwischerei einer Institution, deren Aufgabe es offenbar ist, stets Positives zu vermelden, hier recht dreist mit einem besonders großen Lappen betrieben wird. Denn eine andere Zahl, die der TV-Geräte-Produzenten, gibt zur Sorge Anlass: Die Branche hat im zurückliegenden Jahr eine halbe Million weniger Fernseher verkauft als erwartet.
Natürlich sagt auch diese Zahl wenig über die Anzahl der Fernsehzuschauer. Sie muss aber nach wie vor beeindruckend sein, wenn man allein die ‚Tatort’-Liebhaber betrachtet. Auch ich habe mir am vergangenen Sonntag wieder einen angesehen, für den sich der produzierende Sender sehr gelobt hat. Ich habe nicht viel von der Handlung verstanden, weil es eine vierte Folge war, zu der mir die ersten drei fehlten. Auch hat das Personal, wenn nicht gerade herumgeballert wurde, seine Dialoge nur verschwörerisch geraunt. Mitbekommen habe ich aber doch, dass ein korrupter Hamburger Senator irgendwie den Hafen an eine Art Mafia verscheuern wollte, und dass man in einem PKW eine Panzerfaust bereithalten kann, um sich zur Flucht ein Loch in eine Mauer zu schießen, wenn man von kriminellen Ausländern verfolgt wird, Kriminalkommissar Till Schweiger ist und mehr Leben hat als die langlebigste Katze.
Leider kam in der Geschichte wieder kein Hund vor, was die Statistik zur Häufigkeit von in Tatorten vorkommenden Hunden erneut negativ beeinflussen dürfte.
Herzlich,
Dein Ulrich
…über Tatort: dem Hund wäre das auch zu laut gewesen. Also hat die Statistik Pech, aber der nicht schauspielernde Hund Glück gehabt.
LikeLike