Gestern ging ich hinter einem jungen Mann her, der am Gürtel eine Tasche mit der Aufschrift „Nazis aufs Maul“ trug. Das fand ich spontan ziemlich mutig in den Straßen von Berlin. Wer weiß schon, wem er so begegnet!
Auf der anderen Seite ist es eine Aufforderung zum körperlich auszutragenden Konflikt. Allerdings erfolgt diese Aufforderung und Herausforderung nicht anonym, unter dem Deckmäntelchen des Internet, sondern ganz persönlich, unmittelbar am Körper. Das ist dann schon mutiger, wenn auch nicht gerade ein Aufruf zum friedlichen Austragen von politischen Meinungsverschiedenheiten.
Es ist überhaupt seltsam. Den Parteien jenseits der AfD (die CSU erlaubt sich gezielte Ausrutscher) wird vorgeworfen, dass sie vorgeben, was gedacht und gesagt werden soll. Immer weitere Bereiche werden sprachlich „korrekt“ gemacht. Aber gleichzeitig explodiert der Hass im Internet, in den Netzwerken, beim elektronischen Stammtisch. Die anonyme Volksstimme!
Und die Gaulands unserer Republik arbeiten fleißig daran, dass die anonyme Hetze auch offen daher kommen darf, wenn sie von gewählten Volksvertretern mit Anzug, Krawatte und grauen Haaren fein abgestuft vorgetragen wird.
Warum eigentlich muss Meinung im sozialen Netzwerk, bei Twitter und Co anonym geäußert werden können? Ist die Redefreiheit eingeschränkt, wenn wir hören, sehen oder lesen können, wer sich wozu wie äußert?
H.R.