HOFNARR

Der Hofnarr hält dem Mächtigen den Spiegel vor. Er ist frech, er provoziert mit unbequemen Wahrheiten. Das ist seine Aufgabe. Wenn die Wahrheiten zu unbequem werden, wird der Hofnarr abgewatscht und bekommt einen Tritt in den Allerwertesten.
Die Kultur gehört im weitesten Sinn zu den Hofnarren. Sie provoziert mit unbequemen Wahrheiten.
Wo Kultur subventioniert wird, ist sie abhängig von den Subventionierern, auch wo sie das nicht wahrhaben will.
Kunst geht nach Brot. (Lessing, Emilia Galotti)
Die Berliner Kultur ist von den Subventionierern gerade, was das Brot betrifft, abgewatscht worden. Für ihre Proteste hat sie einen Tritt in den Allerwertesten bekommen, wie das bei Hofnarren üblich ist.

UdM

ERFOLGSMELDUNG

Durchlaufband auf den Zuganzeigen der S-Bahnhöfe der Stadtbahn, Sonntag, 9.Februar gegen 12 Uhr:

Nach Reparatur eines Signals am Ostbahnhof ist der Zugverkehr unregelmäßig.

UdM 

WISSENSLÜCKE

Der neue US-Verteidigungsminister Hegseth wurde bei der Anhörung im Senat von einem Vertreter der Demokraten gefragt, wieviele und welche Nationen der ASEAN, der Association of Southeast Asian Nations, angehören. Wußte er leider nicht!

Senator Tim Sheehy aus Montana stellte dann die wichtigere Frage. Wieviele Liegestütze Hegseth denn beim täglichen Frühsport so schaffe. „Heute waren es fünf Durchgänge a 47!“ berichtete er voller Stolz.

Danach stimmte der Senat der Ernennung zu.

H.R.

PARTEIENLYRIK

Da hängen sie wieder klein, oder sie stehen groß, die Werbeplakate der Parteien, deren Botschaften dem in den Geheimnissen der Kommunikationswissenschaften Ungeschulten nicht selten als grenzdebil erscheinen. 

‚Für Dich’ duzt uns auf einer der SPD-Laternenpappen Olaf Scholz. Das klingt nach Valentinstag. Nach einem verdruckst schuldbewussten Kerl, der seiner ein Jahr lang mies behandelten Lebenspartnerin einen Fertigstrauß von Blume 2000 hinhält. Für Dich.

Oder was willst Du uns sagen, Olaf?

Oder die Grünen. ‚Gemeinsam‘ fordert in fetten Großbuchstaben das Konterfei einer mittelalten Dame.

Gemeinsam was? Ins Restaurant gehen? Duschen? Oder gar – . Nein! Ich bin glücklich verheiratet. Außerdem, auch wenn das vielleicht uncharmant klingt: Sie sind nicht mein Typ.

‚Alles lässt sich ändern‘ befindet die FDP. Wer wüsste das besser als Porsche-Fahrer Lindner: Von 240 auf null mit einem blöden D-Day-Spruch.

Anders ein Plakat-Lächler auf CDU-Pappe. Er wirbt mit den Worten ‚Freiheit und Verantwortung‘. Freiheit. Wer würde dieser parteiübergreifenden Werbebinse nicht zustimmen. Aber Verantwortung? 

Friedrich Merz kann dieses Plakat seiner Partei nicht gekannt haben, als er beschloss, Nation und Bundestag mit einem AfD – Antrag zur Migrationspolitik zu überraschen.

UdM

HUMOR IST…

Erstaunlich viele Menschen in meinem Bekanntenkreis haben am vergangenen Freitag die „heute show“ im ZDF gesehen. Die Kanzlerkandidaten wurden dort auf ihre Humorfähigkeit getestet. Friedrich Merz machte erst gar nicht mit. Robert Harbeck war von bestechender Humorlosigkeit. Eindeutiger Sieger: Olaf Scholz! Wer hätte das gedacht?

Hallo SPD! Mit so einem Kandidaten ist die Wahl noch nicht verloren!

H.R.

UMBENNEN

Vor sechsundvierzig Jahren, im Januar 1979 wurde im Deutschen Fernsehen die amerikanische TV-Serie Holocaust in die deutschen Wohnzimmer gesendet. Das Schicksal des jüdischen Berliner Arztes Weiss und seiner Familie war ein Fernseh-Ereignis. Es war ein Ereignis, weil die Ermordung der europäischen Juden auf ungewöhnliche Weise vermittelt wurde. Als Unterhaltungsserie. Es war ein Ereignis, weil dieser Serie gelang, was sehr vielen vorangegangenen, zum Teil sehr guten Dokumentationen über die Vernichtung der Juden in Auschwitz und an vielen anderen Schreckensorten verwehrt geblieben war: Sie hat die Menschen bewegt, erschüttert, hat bei den deutschen Zuschauern zum ersten Mal fühlbar gemacht, wie verbrecherisch der deutsche Faschismus Leben zerstört hat. Was für eine nie wieder gut zu machende Schuld wir Deutsche auf uns geladen haben.

Durch die Serie Holocaust wurde das Wort zum Synonym für diese Schuld. Vor fast einem halben Jahrhundert stand das Wort Holocaust im Bewusstsein der Bevölkerung für das Schreckliche, für die nationalsozialistischen Verbrechen schlechthin.

Tut es das heute auch noch? Hat das Wort nicht seinen Schrecken verloren? Ist Holocaust, ein Fremdwort, im Klang nicht viel zu geschmeidig für heutige Ohren?

Wird es überhaupt noch verstanden, in einer Zeit, in der Rechtsradikale der AfD längst begonnen haben, die Schuld-Geschichte der Deutschen zum Fliegenschiss umzuschreiben? Sollte man den Holocaust-Gedenktag nicht endlich umbenennen zu dem, was er wirklich sein sollte: 

Gedenktag an die Judenermordung?!

UdM   

EHER NICHT

Von Elon Musk kursiert ein Foto, auf dem er den rechten Arm in einer Weise in die Höhe gerissen hält, für die jeder rechtsradikale deutsche Gruppenpöbler zu Recht eine Strafanzeige bekäme. Nun könnte man das abtun als die ausgerutschte Bewegung eines Mannes, der sich in der Öffentlichkeit der Körpersprache eines ausgelassenen Dreijährigen bedient. 

Wäre da nicht zusätzlich dieser Gesichtsausdruck. Diese Grimasse, wie Adolf Hitler sie vermutlich gezogen haben würde, hätte er zu Lebzeiten von Musks Lieblingspolitikerin, Alice Weidel, erfahren, dass er Jude ist.

Und wäre da nicht seine Vorliebe für die AfD, deren sächsische Truppe sich soeben gerichtlicherseits die gesicherte Rechtsradikalität hat bestätigen lassen müssen.  

Wenn der Volksmund einen Mann für charakterlos und des Vertrauens absolut unwürdig hält, drückt er das mit ‚Von dem würde ich kein Auto kaufen!‘ aus.

Sollte man also einem gefährlich durchgeknallten amerikanischen Milliardär, der für die Gefährdung unserer Demokratie wirbt, durch den Kauf eines seiner Autos noch ein paar Dollar mehr in die Brieftasche stopfen?

UdM  

GISELA

Was ist bloß mit den GRÜNEN los? Um ihre unausgegorene Besteuerung von Kapitaleinkünften zur Sanierung der Krankenversicherung zu erklären, wird jetzt „Tante Gisela“ bemüht. Es gehe nicht um den „kleinen ETF“ von Tante Gisela, sagte Analena Baerbock, die bei Carmen Miosga Wert darauf legte als Außenministerin zu sprechen. Auch der Ko-Parteivorsitzende der GRÜNEN, Felix Banaszak, schickte „Tante Gisela“ ins Erklärungsrennen.

Wieso eigentlich Gisela? Wie kommen die GRÜNEN ausgerechnet auf diesen Vornamen, der seit den Siebziger Jahren kaum noch zu finden ist? Auch im ausgehenden 19. Jahrhundert war er nicht besonders populär. Erst zwischen 1920 und 1960 gehörte Gisela zu den zehn beliebtesten Namen.

Gisela scheint also für eine ältere oder alte weiße Frau zu stehen, die von Finanzen keine Ahnung hat, weil sie im Patriarchat groß geworden ist. Auf Anraten ihres Beraters bei der Kreissparkasse hat die Grünenzeugin Gisela einen „kleinen ETF“ erworben, obwohl sie nicht so Recht weiß, was das ist. Der Name („nomen est omen“) leitet sich bezeichnenderweise vom althochdeutschen „gisal“ ab, was „Geisel, Bürge, Unterpfand“ bedeutet.

In Dresden gibt es übrigens einen „Gisela Club“, bei Amazon ist die Marke „Gisela“ für Dessous zu finden. Unvergessen auch Horst Schlemmer mit dem Video „Gisela – Isch möschte nischt“. Unbedingt auf YouTube anschauen, Analena! Am besten zusammen mit Robert und Felix!

Viel Spaß!

H.R.

KONTEXT

Heute wurde im Deutschlandfunk ein Interview mit dem israelischen Botschafter zur aktuellen Situation gesendet. Anschließend erklärte der Moderator, das Interview werde nun mit Hilfe eines sachkundigen Kollegen „kontextualisiert“, wie dies auch bei einem Interview mit dem Vertreter der Palästinensischen Mission der Fall gewesen sei.

„Kontextualisierung“ heißt es bei Wikipedia, bedeutet „dass ein Vorstellungsinhalt, eine Sache, ein Wort oder eine Person in Beziehung zu anderen Inhalten gesetzt wird, die mit ihm in einem Zusammenhang gesehen werden.“ In diesem Fall handelte es sich ganz banal um einen „Faktencheck“, aber „Kontextualisierung“ klingt irgendwie besser, wissenschaftlicher, neutraler. Und wenn sich jemand beschwert, ist der Sender fein raus.

Jetzt bin ich gespannt, wie das im Bundestagswahlkampf mit der „Kontextualisierung“ weitergeht. Oder gilt das Verfahren nur für das Thema Gaza?

H.R.

HERRENLOS

Wer kennt sie nicht, die rotweißen Plastikabsperrgitter, die unsere Straßen teils kilometerlang säumen, verengen, ganze Straßenzüge vom Verkehr abtrennen oder auch nur ein Loch im Straßenpflaster umstellen. Absperrungen, von denen der in den Stau oder zu manchem Umweg gezwungene Bürger hofft, dass hinter ihnen Sinnvolles geschieht, das bald vollbracht sein möge.

Zudem gibt es aber einige dieser Gitter, die eindeutig keine Funktion haben. Meist Einzelexemplare, die monatelang, oft Jahre herumstehen. Sie scheinen niemandem zu gehören, niemand vermisst sie. 

Man könnte das so hinnehmen, aber diese Gitter sind, auch wo nützlich, optisch keine sonderlich gelungenen Straßenmöbel. 

Seit ein paar Wochen steht neben der Eingangstür des Hauses, in dem ich wohne, so ein Gitter. Es steht direkt an der Hauswand, es hat eindeutig keinerlei Funktion, und es ist, nimmt man das Gesamtbild der Fassade ein unschöner Fremdkörper.

Da ich mich selbst betroffen fühle, wäre es vernünftig, tätig zu werden und Nachforschungen anzustellen.

Aber wo? Außer dem Namen des Herstellers weist nichts auf einen Eigentümer des Gitters hin.

Vielleicht beim Tiefbauamt anrufen. Weil hinter diesen Gittern meist gebuddelt wird. Aber gibt es ein Tiefbauamt? Vielleicht besser Straßenbauamt. Sicher eine Senatsbehörde. Oder Bezirk. Doch wohl eher eine Bezirksbehörde. Also das Bezirksamt anrufen und fragen, welche Stelle für herrenlose Absperrgitter zuständig ist. Die Frage so formulieren, dass sich der Mensch, der sich am anderen Ende der Leitung meldet, nicht veralbert fühlt. Wird sich aber überhaupt jemand melden? Wird nicht eine Laufbandstimme dazu auffordern, für dieses Anliegen die eins zu drücken, für jenes die zwei, für ein anderes die drei und so weiter? Wird bei den angebotenen Möglichkeiten etwas dabei sein, das so klingt, als wäre man dort für vergessene Absperrgitter zuständig? Und wenn ja, wie lange wird es dauern, bis dort jemand an den Apparat geht? Und wird, wenn jemand den Hörer abhebt, dieser jemand, ein echter Mensch sein, oder wieder ein Laufband, oder eine nette Stimme in einem Callcenter in Bangladesch, die empfiehlt, sich mit seinem Anliegen an das zuständige Bezirksamt zu wenden? Wird es einem nicht gehen, wie Karl Valentins Buchbinder Wanninger?

Also lässt man es lieber gleich.

Deshalb stehen, außer dem vor meinem Wohnhaus, in der Stadt so viele herrenlose Absperrgitter herum.

UdM