Lieber Hansjürgen,
häufig überfliege ich bei der Zeitungslektüre die Lokalnachrichten nur. Sie wiederholen sich häufig, was der Beschränktheit ihres Berichtsraums geschuldet ist. Mitunter aber entdeckt man dort Bemerkenswertes. Gerade auch für uns Hundebesitzer. Heute zum Beispiel fand ich auf zehn mal zehn Zentimetern Zeitungspapier Nachrichten die eines Kommentars bedürfen.
Ich beginne mit denen, die nichts mit Hunden zu tun haben. Unter der Überschrift ‚Sohn vertuscht Tod seines Vaters wegen dessen Rente’ ist zu lesen, dass jener Sohn neben seiner Trauer über den Tod des Vaters, die ich hier unterstelle, auch in finanzielle Schwierigkeiten geriet. So hielt er den Tod des Vaters vor der rentenzahlenden Behörde geheim, hatte aber das Problem mit der Bestattung des in diesem Fall nicht nur teuren sondern auch wertvollen Verblichenen, die ja nicht stattfinden konnte, ohne ein sofortiges Ende der Bezüge zur Folge zu haben. Im Keller seines Wohnhauses oder vielleicht auch auf dem Dach- oder Hängeboden fand der Sohn nun einen großen Koffer undsoweiter. Die Sache flog schließlich auf, weil ein zu bedauernder Mensch den Koffer fand.
Es soll Länder geben, in denen ganze Familien von den Renten ihrer betagten Familienmitglieder leben, und die dennoch ihre Koffer lediglich zum Verreisen oder zum Geldtransport nutzen. Die zweite Meldung hat als Überschrift ‚Cannabisplantage war als Gartenbaubetrieb getarnt.’ Dass Menschen die gefragte Pflanze immer wieder anbauen und entdeckt werden, gehört zur oben erwähnten Redundanz von Lokalnachrichten. Bemerkenswert scheint mir hier die Überschrift. Was bitte ist denn eine Cannabisplantage anderes als ein Gartenbaubetrieb, der sich doch so definiert: Auf einer abgegrenzten Flächen baut jemand Pflanzen an. Dass diese hier von der Obrigkeit nicht gemocht werden, ändert nichts an der Tatsache, dass es sich um einen Gartenbaubetrieb handelt. Von getarnt kann also keine Rede sein. Getarnt ist ein Gartenbaubetrieb für Cannabispflanzen, wenn behauptet wird, dass es sich beispielsweise um das Büro der Drogenbeauftragten handelt.
Meldung Nummer 3: ‚Waldbrand vernichtet 200 Hektar Natur bei Jüterbog’. Was war geschehen? Von selbst detonierte Blindgänger auf einem ehemaligen Militärgelände, einer Militärbrache, wie es heißt, hätten den Brand verursacht. Militärbrache also gleich Natur? Hätte es nicht richtiger heißen müssen ‚Auf einem 200 Hektar großen Gelände ehemaliger Natur, die durch den Bau eines Militärgeländes vernichtet wurde, hat es gebrannt’?
Nun aber zur Nachricht, die uns Hundebesitzer in den Zustand höchster Erregung versetzen muss: ‚Hundebesitzer stößt Radlerin auf Bürgersteig um.’ Eine Frau radelt verkehrswidrig auf dem Bürgersteig. Es kommt zu einem unfreundlichen Wortwechsel mit einem 71 Jahre alten Spaziergänger mit Hund, in dessen Verlauf der Fußgänger die Radlerin vom Rad schubst. Beteiligung des Hundes am Geschehen: Keine.
Könnte eine Meldung lauten: Besitzer eines falschen Picasso-Gemäldes stößt Radlerin vom Rad? Oder Besitzer einer wertvollen Briefmarkensammlung oder einer schwarzen Mamba oder ‚Meerschweinchenbesitzer stößt Radlerin auf dem Bürgersteig um’? Das ist ziemlich ausgeschlossen. Es muss ein Hundebesitzer sein! Ist Dir der Gedankengang klar, der hier waltet ?! Hund kann beißen – Hundebesitzer also gefährlicher Rüpel, der harmlos Mitbürger angreift. Und zwar selbst, wenn der Hund nur freundlich zusieht oder der Hundebesitzer seinen Hund gar nicht dabei hat.
Sollen wir und das gefallen lassen? Ich finde nicht.
Herzlich Dein Ulrich