Lieber Hansjürgen,
vielleicht ist es Dir auch schon passiert, dass Du mit Deinem Auto auf der Autobahn im Stau standst, dass Du, so wie auch andere leidtragende Autofahrer im selben Stau durch an den linken oder rechten Fahrbahnrand fahren zwischen den beiden Staureihen zur Schneise für Rettungs- und Polizeiwagen beigetragen hattest, und dann preschten durch diese Schneise frech Motorradfahrer.
Da ärgert man sich entweder oder kauft sich ein Motorrad. Es ist, wie man weiß, darüber hinaus unzulässig, sich als Motorradfahrer auf diese Weise den Vorteil zu verschaffen, früher als die Autofahrer am Stammtisch oder sonst wo zu sitzen. Es sei denn, man verfügt als Motorradfahrer über einen Blutspenderausweis. Dann darf man, ja muss sogar durch diese Schneise fahren, denn am Stauende, sollte der Staugrund ein Unfall mit Verletzten sein, könnte ja eine Blutspende Leben retten. Deshalb sind fast alle deutschen Motorradfahrer Blutspender.
Auf den französischen Autobahnen, besonders denen mit Dauerstau rund um Paris, machen es die Motorradfahrer, obwohl auch dort verboten, genauso, auch wenn sie keine Blutspender sind. Verboten in Frankreich bis vor kurzem, denn die französischen Behörden haben, ohnmächtig vor der Flut der Gesetzesübertreter, kapituliert: Zweiradfahrer dürfen jetzt zwischen den sich stauenden Autos straffrei hindurchfahren.
Weil Du weißt, dass ich gerne weit aushole, wenn ich etwas sagen will, vermutest Du zu Recht, dass das nun auch kommt. Nämlich das massenhafte ordnungswidrige leinenlose Ausführen von Hunden im Charlottenburger Schlosspark. Wenn dem so ist, sollten die zur Zeit noch angstvoll nach einer Amtsperson spähenden Hundehalter nicht eine Petition starten, wenigstens Teile des Parks zum Hundeauslaufgebiet erklären zu lassen? Das ging, siehe Paris, zum Beispiel, wenn sich Pulks von Hundehaltern, wenn möglich auch solche mit Riesenschnauzern und Dobermännern, zusammenschlössen und die Ordnungsmacht auf diese Weise zur Aufgabe zwängen. Sollte das nicht fruchten, gäbe es noch eine den deutschen Motorradfahrer abgeguckte Methode: Alle Hunde sind Drogenhunde und suchen den Park nach versteckten Päckchen ab. Dazu müssen sie frei laufen. Ein entsprechendes Zertifikat darf nicht gezeigt werden, weil Drogensuche geheim ist, man muss also keins haben. Da Du schon Kontakte zu Interessierten geknüpft hast, könntest Du die Initiative ergreifen. Ich bin gespannt.
Was nun die radelnde Hundehasserin mit ihren abscheulichen Untaten betrifft, muss ich erneut ausholen.
Zur Zeit sehe ich, wenn das Fernsehprogramm uns nicht gefällt, also recht häufig, gemeinsam mit G. eine amerikanische TV-Serie auf DVD. Sie heißt NEWSROOM, ist kurzweilig, glänzend produziert und man erfährt viel über die USA und wie man dort Nachrichten macht. Zumindest behauptet die Serie das. Und dazu gehört, was Du vermutlich als gelernter Nachrichtenmann längst weißt, dass keine noch so tolle Story über den Sender geht, wenn es zur ersten nicht auch eine zweite unabhängige, seriöse Quelle gibt.
Und da bin ich nun, diesmal etwas schneller, bei der Hundehasserin. Die Story von dieser Übeltäterin mit ihren heimtückischen Fleischbällchen kenne ich seit wir Emma haben, also ungefähr seit neun Jahren. Diese Frau ist auch im Grunewald, im Tegeler Forst, im Volkspark Friedrichshain, im Tiergarten, in den Kladower Rieselfeldern und in den Büschen des Savignyplatzes zugange, mitunter an allen Orten gleichzeitig, ohne dass man ihrer je habhaft werden konnte. Und ich bin noch nie jemandem begegnet, der von Rasierklingen im Hundemaul des eigenen Tiers berichten konnte. Wäre es da nicht vielleicht angezeigt, sich bei den von Dir erwähnten nahen Tierärzten zu erkundigen, ob die schon mal einen solchen Fall auf dem OP-Tisch hatten? Das wäre dann eine gute zweite Quelle. Nicht, dass ich die Besorgnis der im-Charlottenburger-Park-ohne-Leine-Hunde-laufen-lassenden-Hundebesitzerinnen-und-besitzer kleinreden oder fahrlässig anzweifeln möchte, aber wenn eine zweite Quelle nicht zu finden ist, würdest Du Dina vielleicht angstfreier durchs Gelände streifen lassen.
Emma hatte übrigens vorgestern Nacht mal wieder einen Rückfall in ihre Zeit vor der Stubenreinheit. Ohne in Details zu gehen sind wir aber sehr sicher, dass die Ursache keine Hundehasserin war, sondern der Umstand, dass Emma immer noch jeden Mist, den sie für fressbar hält in sich hineinwürgt, wenn man nicht rechtzeitig zur Stelle ist.
Herzlich
Dein Ulrich
PS. zu Deinem PS : Soviel ich gehört habe (ohne zweite, amtliche Quelle), wird man sowohl in New York als auch in Paris für das Nichtentfernen von Hundehinterlassenschaften weit empfindlicher zur Kasse gebeten als in Berlin.