Zu Weihnachten habe ich einen Fotoband geschickt bekommen: „Vergessene Sieger. Jahre danach.“ Von Joachim Liebe. Der Potsdamer Fotograf dokumentiert darin die letzten Jahre der Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte in Ostdeutschland, ihren Abzug und das was von ihnen zurückblieb, nach und nach abgerissen oder überwuchert wird.
Es sind zum Teil bewegende Bilder aus einer längst vergessenen Zeit, als politisch und menschlich alles möglich schien. Aus einer Zeit des schwindenden Misstrauens zwischen Ost und West, der Erleichterung über einen friedlichen, ja freundlichen Abzug der Sieger.
Das hat sich geändert, leider. Russland ist jetzt gleich Putinland, Russen sind Netzkrieger und Invasoren, die für kurze Zeit fast heile europäische Welt gerät wieder aus den Fugen.
In dem Fotoband gibt es einen Aufsatz von Friedrich Schorlemmer, der folgendermaßen beginnt:
1961, ein Jahr vor der Kubakrise, die die Welt an den Rand eines neuen Weltkriegs brachte, verfasst Jewgeni Jewtuschenko das Gedicht „Meinst du, die Russen wollen Krieg?“ In der ersten Strophe schreibt der Dichter:
„Befrag die Stille, die da schwieg, im weiten Feld, im Pappenheim,
befrag die Birken an dem Rain, wo er liegt in seinem Grab,
den russischen Soldaten frag! Sein Sohn dir drauf die Antwort gibt…“.
Schorlemmer konstatiert, dass unser Verhältnis zu Russland auch eine Frage von Krieg und Frieden in Europa ist, dass es darum gehen muss, Strukturen „gemeinsamer Sicherheit“ wiederherzustellen und neu zu entwickeln.
(Das Buch ist erscheinen im Mitteldeutschen Verlag, Halle und wurde vom Kulturministerium Brandenburg gefördert.)
HR