Auch Nichthundebesitzer mag interessieren, wie man etwas gesetzlich verbieten und zugleich erlauben kann. So etwas gibt’s nicht? In Berlin schon.
Ab 1.1.2019 soll nun aber wirklich der Leinenzwang, der bereits für den 1.1.2018 angekündigt war auch in Berlin gelten. Ehe ich Emma, zehn Jahre alt, sehr friedlich, ihre bisherige Freiheit nehme, möchte ich wissen, was nun im einzelnen Sache ist. Gelesen habe ich in der Presse recht viel, zum Teil Widersprüchliches. Dass die Anleinpflicht für so alte Hunde, wie Emma einer ist nämlich gar nicht gilt. Das man sich das aber bei einer Behörde bestätigen lassen muss. Bei welcher? Ich werfe das Notebook an und suche im Internet BERLIN.DE. Klappt auf Anhieb. Suchbegriff eingeben: Leinenzwang. Das ist zwar der falsche Begriff, aber die Berliner Website öffnet dennoch ‚Hundegesetz von Berlin’. Zehn Seiten! Leinenpflicht dankenswerter Weise schon auf Seite 2. Sie besteht in öffentlichen Grünflächen, Waldflächen, auf Sport und Campingplätzen, in Treppenhäusern und, und, und. Von öffentlichen Straßen, dort, wo ich mit Emma Gassi gehe, keine Rede. Ich durchforste den Gesetzestext bis zum Ende. Kein Wort über Leinenzwang auf öffentlichen Straßen. Dann auf Seite 9:
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Der Regierende Bürgermeister –Nanu: Klaus Wowereit. Klaus Wowereit – das ist eine Weile her. Mindestens solange wie der BER nicht eröffnet wurde.
Der Amateur im Lesen von Gesetzestexte hat Seite 10 nicht beachtet:
Die im Internetauftritt der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz abrufbaren Gesetzestexte sind nicht die amtliche Fassung. Ich lese es einigermaßen fassungslos. Was denn nun? Diese finden Sie nur im Berliner Amtsblatt, das vom Berliner Kulturbuchverlag herausgegeben wird.
Wäre es nicht schön, wenn so ein Satz nicht erst auf Seite 10, sondern schon auf Seite 1 stünde? Nur mal so als kleine Anregung.
Also: Internetsuche nach Berliner Kulturbuchverlag. Gibt es tatsächlich. Im Bereich Verbraucherschutz gebe ich jetzt gleich den korrekten Begriff ein: Leinenpflicht.
Und da steht:
Nach dem neuen Hundegesetz gilt eine allgemeine Leinenpflicht im öffentlichen Raum. Mit Inkrafttreten der Durchführungsverordnung sind Hunde danach außerhalb von ausgewiesenen Hundeauslaufgebieten/Hundegärten und Privatgrundstücken GRUNDSÄTZLICH AN DER LEINE ZU FÜHREN. Ausnahmeregelungen von dieser allgemeinen Leinenpflicht gelten ebenfalls erst mit Inkrafttreten dieser Rechtsverordnung. Bis dahin gelten die Regelungen zur Leinenpflicht des bisherigen (alten) Hundegesetzes weiter, wonach Hunde in bestimmten Bereichen der Stadt (unbelebte Straßen und Plätze, Brachflächen etc.) NOCH UNGELEINT GEFÜHRT WERDEN DÜRFEN.
Gilt ab dem Inkrafttreten der Rechtsverordnung am. 01.Januar 2019.
Ich habe beschlossen, dass die Straßen, in denen ich mit Emma Gassi gehe, unbelebt sind, solange nicht amtlicherseits beschrieben wird, was eine belebte Straße ist.
Den aktuellen Text trage ich ausgedruckt für den Konfliktfall mit einer Ordnungskraft bei mir und freue mich als Bürger dieser Stadt, dass bei aller vorangehenden Aufgeregtheit doch so angenehm Vieles bis auf weiteres beim Alten bleibt.
UdM 08.01.19