Zukünftig soll der Berliner Fußgänger, wie es in anderen Metropolen der Welt üblich ist, in sozusagen einem Rutsch eine ampelregulierte Kreuzung überqueren können, ohne auf dem Mittelstreifen, so vorhanden, ausgebremst zu werden. Diese bahnbrechende Verbesserung hat die Verkehrssenatorin in einem Programm voller Meilensteine, die Berlin an die Spitze fußgängerfreundlicher Großstädte katapultieren wird, verkündet.
Eine gute Nachricht also. Nicht mehr ganz so gut, besonders für betagte Mitbürger, das Eingeständnis der Senatorin, dass die Umstellung der 2000 Ampeln für diese Wohltat zehn Jahre in Anspruch nehmen wird.
Wer sich nun aber angesichts dieser Perspektive auf den Arm genommen fühlt, fühlt kleinmütig. Wenn beispielsweise die Niederländer bei der Eindeichung des Ijsselmeers so gedacht hätten, wäre kein einziger Polder entstanden, denn zwischen Beginn der Arbeiten und deren Erfolg in Form von neu gewonnenem Land liegen viele Jahrzehnte. Und, um ein weiteres Beispiel zu geben, auf den Oliventerrassen Südeuropas wäre nie ein Baum gepflanzt worden, dauert es doch vom Setzen des Schösslings bis zum erntereifen Baum drei Bauerngenerationen, weshalb die Olive in Italien Enkelbaum genannt wird.
Wenn man also in sagen wir, fünf, sechs Jahren beim Überqueren des Kurfürstendamms an der Kreuzung Uhlandstrasse noch immer vom roten Ampelmännchen zum abrupten Halt auf dem Mittelstreifen gezwungen wird, sollte man sich nicht ärgern, sondern verständnis- vielleicht sogar liebevoll denken: Das ist eine Enkelampel.
UdM 18.09.19