KANZLER SÖDER

Als unsere Kinder noch kleiner waren, fragten sie vorm Fernseher, wenn im Hintergrund schneebedeckte Bergspitzen zu sehen waren und vorne Schauspieler agierten mitunter: Pappi, was sprechen die Menschen für eine Sprache? Die Antwort war, sie sprechen deutsch, bayrisches Deutsch. Ach so, sagten sie, dürfen wir umschalten? Nicht etwa, weil das Geschehen auf dem Bildschirm langweilig gewesen wäre, sondern schwer verständlich und fremdartig. Warum war das so, und ist es heute in vielen Familien noch immer?

Unsere Kinder haben in den Ferien nie ein bayrisches Kind kennengelernt. Schleswig-Holsteinische, mecklenburgische, nordrhein-westfälische, um nur einige Provinzen zu nennen, italienische, französische, dänische, mit denen Kinder, auch wenn sie deren Sprache nicht sprechen sich so wunderbar verständigen können, – nie aber baden-württembergische und bayrische.

Und das liegt natürlich an der deutschen Ferienordnung, die ein solches Kennenlernen unmöglich macht. Einmal haben wir es mit einem Ferienaufenthalt im Allgäu versucht, um der Fremdheit abzuhelfen. Aber das war nicht zu Ende gedacht, denn die dortigen Kinder gingen ja zur Schule und nachmittags mussten sie Hausaufgaben machen, um später den besonderen Qualitäten des bayrischen Abiturs zu genügen.

Nun hatte jemand die Faxen dicke mit den süddeutschen Extrawürsten, verlangte, dass auch die Südländer an der Rotation der Großen Ferien teilnehmen, und was macht Markus Söder? Er lehnt ab. Dem Mann, der die Zeichen der Zeit erkannt hat, der Bienen streichelt und Bäume umarmt, der seit seinem Erweckungserlebnis zum großen Versöhner stets wie ein guter Vater milde lächelt, wenn er auf eine zukünftige Kanzlerschaft angesprochen wird, entgeht das Potenzial der Ferienrotation. Die großartige Möglichkeit endlich Bayrische Kinder mit denen von Restdeutschland zusammenzubringen, ihnen die Fremdheit vor bayrischem Idiom und vor bayrischer Lebensart zu nehmen. Er sieht nicht, dass es um ein gesamtdeutscher Kanzler zu werden nicht ausreicht, mit einer regionalen Nischenpartei gute Ergebnisse zu erzielen, sondern dass es der gesamtdeutschen Sympathie der Menschen bedarf. Die aber ist nur zu erlangen, wenn bayrische und alle anderen deutschen Kinder gemeinsam im Meer schwimmen oder auf Bergspitzen gemeinsam die harten Eier der Mittagsjause nach dem Gipfelsturm verzehren, um sich, erwachsen geworden, am Wahltag daran zu erinnern, dass Bayern sympathische Deutsche sind.

Für Menschen, denen ein Kanzler Söder keine Herzensangelegenheit ist, hat die Sache natürlich auch ihr Gutes.

 

UdM

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