Lieber Ulrich,
es gibt viel zu berichten: über Verletzungen, Ungehorsam, hundefreie Tage und die mit der Hundebetreuung verbundenen Organisationsprobleme. Natürlich waren wir gewarnt, schon zu einer Zeit, als die Aufnahme eines Hundes in die Kleinfamilie gar kein Thema war. Ich erinnere mich an beiläufige Gespräche zwischen befreundeten Paaren, bei denen auf die Frage, „Legt ihr Euch wieder einen Hund zu?“ die Antwort kam: „Eher nicht. Es war doch auch eine Belastung. Wir wollen jetzt mal ein bisschen Reisen.“
Ich wünsche mir nicht, um hier jedes Missverständnis auszuschließen, dass sich in absehbarer Zeit für uns diese Frage stellen könnte, aber Reisen ist schon ein Problem, selbst wenn es die gute Frau Sadlo gibt, bei der Mika ebenso wie Emma in Pension gegeben werden kann. Beim letzten Mal kam Mika mit verletzter, von der Tierärztin genähter und verbundener Pfote zurück. Sie war im Wald in eine Glasscherbe getreten. Blut, Aufregung, Verzweiflung und wir waren nicht da.
Mika trug dann bis zum vergangenen Montag einen Verband und darüber eine Schutzsocke, die farblich die Ortsvertretungen der PDS erfreut hätte: die rote Socke von Zaatzke und Kleinmachnow. Außerdem verursachte der Verband ein schlappendes Geräusch, so dass man beim Spaziergang immer das Gefühl hatte, es nähere sich von hinten ein Jogger oder ein Radfahrer mit plattem Reifen.
Jetzt ist aber wieder alles gut, dafür sind wir mit der Suche nach Zecken beschäftigt, die sich wegen Mikas dichtem Fell besonders schwer entfernen lassen. Überhaupt Zecken: Angesichts der medialen Aufmerksamkeit, die sie seit Wochen genießen, muss es die zweitgrößte Gefahr für die Existenz der Menschheit sein, unmittelbar nach dem „all inclusive“ Kampftrinken, das fälschlicher Weise zu einem Jugendproblem reduziert wird.
Ich war vor Jahren einmal mit unserer Golfgruppe eine Woche in einem „all inclusive“ Hotel in Tunesien. Alle lokalen Produkte waren im Preis inbegriffen, eben auch der sehr ordentliche tunesische Wein und der berühmte Dattelschnaps (oder wurde er aus Feigen gemacht?). Jedenfalls entpuppte sich das Ganze als ein Zufluchtsort für Alkoholiker jedes Suchtgrades, die für die ebenfalls anwesenden Golfer und Fußballer im Vorsaisontraining eine dauernde Herausforderung darstellten. Nun kannst Du einwenden, dass Erwachsene weit weniger verführbar seien als Heranwachsende (was ich bezweifle), außerdem für sich selbst verantwortlich (was stimmt, aber das Alkoholproblem der westlichen Gesellschaften auch nicht löst).
Der kleine Exkurs führt mich zu der Frage, ob wir angesichts des schönen Wetters und der Tatsache, dass unsere alkoholabstinente Phase schon einige Wochen vorbei ist, mal wieder einen Hundespaziergang unternehmen wollen? Wir könnten uns besonders schöne oder ausgefallene Spazierwege in Berlin und Umgebung zeigen. Ich bin kürzlich mit Mika an meinen Golfclub in Wannsee entlang gelaufen und habe nach teuren Bällen gesucht, die andere Spieler über den Zaun geschlagen hatten. Vielleicht könnte ich Mika auf kleine weiße Bälle meiner Lieblingsmarken abrichten? Bisher hat sie nur eine automatische Suchfunktion für vergammelte Knochen, die andere Menschen nach dem Grillen in der Natur „entsorgt“ haben. Sie findet sie aber auch in unmittelbarer Nachbarschaft, wenn sie bei der „kleinen Runde“ jedes Gehorsam ablegt und fremde Grundstücke durchstöbert. Sobald sie durch ein offenes Hoftor eingedrungen ist, befällt sie eine temporäre Taubheit, während D. oder ich uns durch unser weitgehend folgenloses Gebrülle zum Affen machen.
Es gibt nach meiner durch Abwesenheit bedingten Schreibpause noch viel zu berichten, aber die Prignitz und die dort dürstenden Anpflanzungen rufen. Außerdem wird heute unser Naturteich eingemessen, damit der wasserverrückte Hund demnächst auf dem eigenen Grundstück in nicht durch Dünger verunreinigtes Wasser springen kann.
Ich melde mich am Montag wieder mit Altem und Neuem aus der Welt der Menschen und Tiere!
Wau, Wau
Hansjürgen