Lieber Ulrich,
Mika ist am Sonntag gestorben. Es war, so ironisch es klingt, ein „Sportunfall“. Wie Du weißt, liebte unser Hund Bälle jeder Art. Ihnen wurde hinterhergejagt, sie wurden gefangen, zerkaut, versteckt, apportiert. Am liebsten spielte Mika mit mir Golf, d.h. ich schlug mit einem kurzen Eisen – Golfer wissen was das ist – einen mittelgroßen Ball zwischen 20 und 50 Meter weit, und Mika raste hinterher. Manchmal brachte sie ihn sofort zurück, oft wurde er erst einmal kräftig bekaut. Es war nicht einfach ihr beizubringen, den richtigen Abstand zu halten, damit die Ausholbewegung oder der fliegende Ball keine Gefahr wurden.
Im Laufe der Zeit verschwanden allerdings eine ganze Reihe von Bällen. Sie gingen kaputt, wurden zerbissen, im Teich versenkt. Einer ihrer Lieblingsbälle war ein kleinerer Hartgummiball der gut flog, sich offenbar besonders gut kauen ließ und im Gegensatz zu Tennisbällen ihre Zähne nicht abschmirgelte. Diesen Ball hat unser wunderbarer Hund am Sonntag bei Apportieren verschluckt. Trotz aller mutigen Versuche gelang es D. nicht, ihn – wie bei einem quersteckenden Knochenteil gelungen – herauszuholen.
Also Tierarzt. Es war Sonntag. Wer hat Dienst? Nichts in der Zeitung. Internet. Servicenummer. Nächster Arzt 25 Kilometer entfernt. Das hat Mika nicht mehr geschafft. Die näheren Umstände erspare ich Dir. Seit dem sind wir bestürzt, traurig, manchmal verzweifelt. Mit uns vermissen Familie, Freunde, Bekannte, Kolleginnen und Kollegen, Nachbarn – viele Menschen die dieses liebenswerte Wesen kannten – Mika. Sie lassen es uns wissen und das hilft und tröstet ein wenig. Unsere Hündin war sehr beliebt. Sie konnte selbst Menschen, denen Hunde gleichgültig waren oder die Angst vor ihnen haben, für sich gewinnen. Wir vermissen sie so sehr.
Natürlich haben wir uns Vorwürfe gemacht: War der Ball zu klein, hätte ich das mit dem „Golfspielen“ gar nicht erst anfangen sollen, hätten wir sofort zum Arzt fahren müssen, musste ausgerechnet an diesem Tag unsere Tierärztin im Urlaub sein?
Im Krankenhaus, wo Dagmars Hände behandelt wurden, erklärte die Ärztin ihr, dass verschluckte Bälle die häufigste Todesart bei solchen Unfällen seien. In einer Fernsehserie wurde gezeigt, dass die beste Rettungsmethode das Hochhalten an den Hinterläufen und Klopfen auf den Rücken sei. Unser Hausarzt sagte, nur ein Luftröhrenschnitt hätte geholfen. Zu spät. Und einen Luftröhrenschnitt als medizinische Laien, hätten wir uns das zugetraut? Und dann? Das räumte dann auch unser Arzt ein, der uns tröstend in den Arm genommen nahm.
Unsere Nachbarn auf dem Land reagierten mitfühlend und pragmatisch. Wie die meisten Menschen in der Prignitz so sind: „Kannst Du jetzt nichts mehr machen, aber ihr nehmt doch einen Neuen!“ Das schien uns zuerst ein geradezu verbotener Gedanke. Aber eines war sehr schnell klar: Ohne Hund wollen wir nicht leben! Die Entscheidung, auf jeden Fall wieder einen Hund in die „Familie“ hinein zu erziehen, tröstet und lässt uns nach vorne schauen. Es wird ein ganz anderer Hund, ein anderes Wesen sein, denn Mika war einmalig, aber auch das ist eine schöne Vorstellung. Wir wissen jetzt, was auf uns zukommt. In diesem, unserem gemeinsamen Tagebuch ist das ja nachzulesen. Zuerst dachte ich, wir sollten den Blog einstellen. Aber wenn Du einverstanden bist, versuchen wir es weiter. Mit neuen Erfahrungen von Emma und ???, mit weiteren Randbemerkungen zu Lauf der Welt.
Immer noch mit einer Träne im Auge,
Dein Hansjürgen
Das tut mir leid. Tragische Geschichte 😦 und leider nicht vorhersehbar liebe Grüße Tine
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Wie traurig! Das tut mir sehr, sehr leid für Euch. Mika war schon ein ganz besonderes Hundewesen, das mir keine Angst gemacht hatte. Alles Liebe, Edith
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