Hundetagebuch 4

Lieber Hansjürgen,

wir sind zu fünft. Emma ist da. Eine solche, eigentlich Geburtsanzeigen von glücklichen Eltern vorbehaltene Formulierung erscheint mir angesichts der Veränderung in unserem Leben mehr als angemessen. Aus Erfahrung kann ich behaupten, dass der Einzug eines Säuglings in eine Familie ein idyllisch ruhiger Vorgang ist, gegen den eines Welpen.

Ich versuche, die Ereignisse knapp zu schildern und mich auf das zu beschränken, was vielleicht auch für Euch mit Eurer Mika relevant sein könnte.

Wie gestaltete sich der Transport von Emma aus der Uckermark nach Berlin? Um es kurz zu machen: Problemlos.

Während der ersten Kilometer betrachtete Emma, wie uns schien ziemlich fassungslos, in welcher Geschwindigkeit Gegend am Auge vorbeirauschen kann. Nachdem sie sich mit diesem für sie neuen Phänomen abgefunden hatte, legte sie sich – sie war zwischen unseren Töchtern auf dem Rücksitz untergebracht – recht friedlich hin und ließ ihre Schnauze abwechselnd auf deren Oberschenkeln ruhen.

In Groß – Schönebeck fing Emma plötzlich an zu wimmern, was wir als den Wunsch nach einer Unterbrechung deuteten. Wir hielten rasch an verkehrsungünstiger Stelle, um zu vermeiden, dass Emma dem Impuls ihres Haltewunsches bereits im Auto nachkommt.

Emma ließ es aber beim ausgiebigem Schnuppern am Pflaster bewenden und betrachtete die vorbeirasenden Autos mit relativer Gelassenheit. Die Rest der Fahrt verlief ereignislos. Bis auf ein eher niedliches Fiepen hin und wieder, das soviel zu heißen schien wie, wann ist endlich Schluss mit dieser Tortur.

Es folgte die Erforschung der Wohnung, wobei wir Emma freie Pfote ließen.

Emma suchte sich schließlich einen Platz unter dem Tisch.

Unsere Wohnung ist für einen Hund, der bisher nur draußen gelebt hat zu warm. Hierfür haben wir bisher nur die Lösung: Emma muss sich daran gewöhnen, denn auf dem Balkon ( wo sie gefüttert wird ) wird sie nicht schlafen wollen. Auch eine dort aufgebaute Hundehütte wäre wohl keine Lösung. Die Balkontür müsste auch bei Minusgrade offen stehen. Die Alternative ‚Glücklicher Hund – Charlottenburger Familie erleidet den Kältetod’ ist keine.

Um sechs Uhr früh nach der ersten Nacht ging G. erfolgreich mit Emma ‚Gassi‘.

Ich höre Deine Frage : Und Du ?!

Ich werde respektiert, auch ein bisschen ignoriert. Das wird sich, wenn die anderen in ihrer Zuwendung ermüden, wohl ändern. Ich dränge mich jedenfalls nicht vor und kraule Emma, wenn sie es zulässt, unter der Schnauze.

Deinen Erfahrungen mit Menschen, die sich über Mikas zu erwartende Größe wundern, haben die rastlos innovativen US – Amerikaner bereits Rechnung getragen. Dort gibt es angeblich passend zum Einzimmerhochhausappartement für alle gängigen Rassen die Größe ‚ Toy ‘.

Zum Schluss möchte ich Emma dafür loben, dass sie den Kulturschock, dem sie ohne Zweifel ausgesetzt ist, so tapfer verarbeitet. Möge es mit Eurer Mika ähnlich verlaufen.

Habt Ihr eigentlich schon Halsband und Hundeleine? Wir noch nicht. Und welche Farbe soll sie haben? Noch ehe ich Luft holen und ‚grün‘ sagen konnte, hatte der Rest der Familie schon ‚rot‘ entschieden. Ich finde es problematisch für einen Mann meines Alters mit roter Hundeleine durch die Stadt zu laufen. Andererseits ermutigt es mich vielleicht zum Kauf zur Leine passender roter Lederturnschuhe, die mir unzweifelhaft etwas Freakiges verleihen würden. Damit könnte ich mich jüngeren Redakteur/innen im günstigen Fall als relevant zielgruppenkompatibel verkaufen. Leider ist meine Größe zur Zeit vergriffen.

Dein Ulrich

 

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