Hundetagebuch 29

Lieber Ulrich,

auch auf die Gefahr hin, dass die Frage Deiner Tochter L. doch eine ernster zu nehmendere Grundlage bekommen könnte, als den offenbar zu geringen Austausch ehepartnerschaftlicher Küsse, muss ich Dir leider mitteilen, dass nach Ansicht der einschlägigen Hunderatgeber, die Pubertät in der Tat noch bevorsteht. Auch D. vertrat mir gegenüber die von nachvollziehbarem Wunschdenken geprägte Ansicht, „das Schlimmste“ sei wohl überstanden.

Ich zitiere einmal aus dem im übrigen sehr empfehlenswerten „Welpenbuch“ von Katharina von der Leyen, und zwar aus dem Kapitel „Die Entwicklungsstadien des Welpen. 7-8 Monate: „Wenn Sie dachten, das Erreichen der Stubenreinheit war schon die größte Hürde in der Erziehung Ihres Schätzchens, denken Sie noch mal um. Dieses Alter ist etwa vergleichbar mit einem 13-, 14-jährigen Teenager. Meistens nicht die schönste Zeit für Eltern.“ Ich erspare Dir die dann folgenden Beispiele antiautoritären Verhaltens und füge als Trost nur den Schlusssatz des Kapitels hinzu: „Menschliche Teenager kommen auch wieder zur Vernunft. Irgendwann.“ Ich denke, dass ich Dir damit auch als Vater wunderbarer Töchter im Vorhinein Trost spenden kann.

Was das Thema Hypnose betrifft, kann ich Dir leider aus der Literatur keine Erkenntnisse zuliefern. Ich vermute aber, dass der Weg umgekehrt verläuft: Hunde können uns hypnotisieren, zumindest versuchen sie es immer wieder. Besonders erfolgreich sind sie 1. als „süße Hunde“ anderer Leute, 2. als zur Vermittlung vorgesehne Welpen. Wie sonst kannst Du Dir erklären, dass so viele Menschen sich ihr Leben durch bis dahin ungeahnte logistische und andere Probleme zusätzlich erschweren?

Der oft zitierte „treue Hundeblick“ ist in Wahrheit nichts anderes als eine in den Jahrhunderten des Zusammenlebens von Mensch und „bestem Freund“ perfektionierte Form der Schnellhypnose, die uns auch trotz besseren Wissens immer wieder dazu bringt z.B. in der Küche beim Zubereiten von Mahlzeiten ein kleines Stückchen dem neben uns ausharrenden Vierbeiner zukommen zu lassen. Es wird Dir aufgefallen sein, dass dieser Blick selbst dann wirkt, wenn wir noch gar nicht wissen, dass der Hund in der Küche ist, wo er in dieser unnachahmlichen freiwilligen Sitzhaltung hinter unserem Rücken die Hypnosefunktion seines Gehirns aktiviert.

Um das Thema für heute abzuschließen, würde ich statt des Versuches Emma mit Hilfe eines Hypnosefachmannes von „Untaten“ abzubringen, eher empfehlen, dass Du Dich hypnotisch dazu bringen lässt, diese Untaten als Zeichen besonderer Intelligenz zu interpretieren, die Emma irgendwann – eben wegen dieses hohen Intelligenzquotienten – anfangen zu langweilen. Sonst müsstest Du im Familienrat dann doch noch einmal – analog der Fernsehsendung „Frauentausch“ – das Thema „Hund oder Katze“ aufrufen, was aber (siehe oben) L. zu der Vermutung veranlassen dürfte, dass Du nicht nur G. zu wenig in der Familienöffentlichkeit mit Liebkosungen überschüttest, sondern grundsätzliche Zweifel an Deinen Gefühlen gegenüber Frau und Töchtern legitimiert.

Was Deine Basecap betrifft, so gibt es zur Zeit bei P&C preiswerte, unbeschriftete, einfarbige, ungefütterte Exemplare in guter Qualität. Du könntest es Dir also selbst als freischaffender Autor erlauben gleich mehrere zu erwerben, um Emma in ganz kritischen Phasen, in denen Du dringend Ruhe brauchst, eine davon, statt eines nicht vorhandenen Knochens, zum Fraß vor zu werfen. Nur so eine Idee.

Ich finde es, was Mika betrifft, sehr erfreulich, dass sie Schuhe grundsätzlich ignoriert, was insofern angenehm ist, da sie nachts auf ihrem Federbett im Flur lagernd, freien Zugang zu den dort verbliebenen Paaren hätte.

Apropos „Federbett“, das vermutlich mit Schaumstoffteilen gefüllt ist: Wir haben es zur Routine gemacht, dass dieses „Bett“ erst dann aus dem Schrank oder von der Terrasse geholt wird, wenn damit das Signal „Bettruhe“ verbunden sein soll. Mika schmeißt sich dann mit unbeschreiblichem Genuss und einem aus tiefster Seele (ich höre schon Deine Frage: „Seele“?) kommenden wohligen Seufzer auf dieses Bett. Das entschädigt einen dann doch und lässt einen gewissen Neid aufkommen.

Da ich, wie Du weißt, gerade an einem Hexenschuss leide, würde mich ein ähnlicher Sprung ins Bett vermutlich auf die Intensivstation der Orthopädie befördern.

Ich habe während der „Berlinale“ übrigens auch einen Film Eurer Freundin Schanelek gesehen, „Nachmittage“ nach Motiven von Tschechows „Die Möwe“. Gleich zu Beginn kommt ein Hund vor, der auf einer Probebühne liegt, von der Protagonistin, die mit der Regisseurin identisch ist, gestreichelt wird, aber dann für den Rest des Filmes nicht mehr zu sehen ist. Fragt doch mal nach dem Hund. Wenn ich es richtig erkannt habe, ein hellbrauner Labrador.

Ist Dir schon aufgefallen, dass sich Freunde und Bekannte, die selbst kein einziges Haustier haben, besonders intensiv nach dem tollen, schönen, süßen, neuen Hund erkundigen? Dass häufig die erste Frage seinem Wohlbefinden gilt? Siehst Du da irgendwelche Zusammenhänge? Ich wiederum sehe einen Zusammenhang zwischen der Tatsache, dass Du kein Rheinländer bist und dem Besuch des Berliner Karnevalszuges. Wenn schon nicht Köln, dann doch wenigstens Cottbus, wo die Veranstaltung, die wir als Sender mit großem Erfolg begonnen hatten zu übertragen, „Zug der fröhlichen Leute“ heißt. Deswegen für heute ein dreifaches:

Cottbus, Helau! Karneval, Helau! Sternhagener, Helau!

Dein Hansjürgen

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