Hundetagebuch 26

Lieber Ulrich,

schade, dass Deine Eindrücke von Monterey und San Francisco eher negativ sind. Ich gebe allerdings zu, dass ich vor drei Jahren, als wir in Nord-Kalifornien Urlaub gemacht haben, noch nicht mit den Augen eines Hundes die Städte betrachtet habe. In Monterey hatte es D. das Aquarium angetan, das wirklich sehenswert ist, außerdem erlaubte unser Hotelzimmer den Blick aufs Meer und die Robbenkolonie, deren Gestank dennoch weit genug entfernt war. Besonders beeindruckt waren wir von dem Geschick, mit dem die Meerottern Muscheln zu öffnen verstanden.

Mein Hauptinteresse galt allerdings den Golfplätzen der Region, und da ich mir Pebble Beach nicht leisten wollte (300 Dollar für eine Runde ist wirklich heftig), habe ich ganz einfach „Poor Man’s Pebble Beach“ gespielt, einen Public Course auf dem schon für 35 Dollar sehr viele spektakuläre Löcher geboten werden. Aber ich schweife ab! Zurück zu den Hundedamen und unserem fortschreitenden Prozess der Sozialisierung und Anpassung.

Wie Du Dich erinnern wirst, wollte ich nicht unbedingt einen Hund als zusätzliches Familienmitglied, aber wenn schon, dann definitiv keinen großen und vor allem keinen mit langem Fell. Allen Vermutungen zum Trotz,die D. mit Verweis auf die Mutter unserer Sternhagener anstellt, wächst Mika immer weiter. Es ist im übrigen müßig darüber nachzudenken, ob sie ein großer oder nicht so großer Hund, pardon eine Hündin, wird. Sie ist schon groß! Und – sie hat ein langes Fell. Auch hier lässt sich natürlich streiten, ob es nur mittellang im Vergleich zu anderen Hunden ist,auf jeden Fall wird die Fellpflege dadurch erschwert, dass es zunehmend lockiger wird.

Bis jetzt reagiert Mika noch nicht auf Anspielungen, es seien bei ihr nicht nur Berner Sennenhund, Hoverwart, Schäferhund, Setter, sondern auch Pudel mit von der „Party“ gewesen, aber die Uckermark ist ja ein klassisches Durchzugsgebiet, seit die Eiszeit den Weg für Mensch und Tier frei gemacht hat. – Gerade höre ich wie Mika ein Stockwerk tiefer aus ihrem Wassernapf trinkt. Das Trockenfutter aus dem hygienischen, nicht rutschenden Blechnapf hat sie schon nach der Rückkehr vom Rudelspaziergang, mit noch etwas lauterem Geräusch, vertilgt. Hunde sind einfach laut.

Fellpflege: Ich vermute, dass dieses tägliche Bürsten in gebückter Haltung, mit dem wir versuchen die Spuren von Wald, Wiese, Feld und Bürgersteig zu beseitigen, mir die Muskelverspannungen beschert hat, deretwegen ich heute mit schmerzendem Kreuz beim Orthopäden war. Die gute Nachricht war, dass meine Bandscheiben, so vorhanden, keine Hundeschäden haben, die Muskulatur aber Hexenschuss ähnliche, schmerzhafte Symptome erzeugt. In den von Dir ignorierten Hunderatgebern wird ja auch deswegen vor ziehenden und zerrenden Junghunden gewarnt, weil sie zu Schmerzen in Hand, Schulter, Hals und Becken führen können.

Ich bürste Mika jetzt in kniender Haltung und richte mich nur langsam mit Altmännerächzen auf, was mich unserem ebenfalls ständig ächzenden und seufzenden Hund sehr sympathisch zu machen scheint. Ich muss umgekehrt gestehen, dass dieses wohlige Stöhnen, mit dem sich Mika vor dem Sofa auf meinen Hausschuhen niederlässt, ausgesprochen anheimelnd auf mich wirkt, geradezu Mensch und Hund verbindend.

Am Wochenende hat sie auch endlich eine der Standardaufgaben für heranwachsende Hunde erledigt und einen meiner Lieblingsschlappen zerlegt. Als ich ihr ihn zum ersten Mal entrissen habe, war ich nur mäßig ungehalten, beim zweiten Mal habe ich so gebrüllt, dass D. hier doch eine gewisse Übertreibung konstatierte. Schon aus Prinzip habe ich den halben Schlappen wieder angezogen.

Habt Ihr schon das Thema Kastration bzw. Sterilisation erörtert? Wie so oft im Leben gibt es ja mehrere Möglichkeiten: der Natur ihren Lauf lassen, die Pille, Kastration vor der ersten Regelblutung, Kastration danach. Da angesichts der Vielzahl von Geschwistern keine Gefahr für die Fortexistenz der Spezialrasse der Sternhagener besteht und angesichts der Vermittlungsprobleme bei Nicht-Rassehunde-Nachwuchs, sind wir für eine Sterilisation. Außerdem schränkt es die, bei einsetzender Läufigkeit wachsende Begierde der unzähligen Rüden in unserer Nachbarschaft, die schon begonnen haben begehrliche Blicke auf „the new girl in town“ zu werfen.

Unsere handfeste Wittstocker Tierärztin rät zu Kastration vor der ersten Blutung, weil hierdurch auch das Krebsrisiko reduziert würde. Allerdings wäre die Folge vermutlich auch, dass Mika etwas kindlicher bleibt, als nicht kastrierte Artgenossinnen. Aber was spricht gegen etwas länger andauernde Kindlichkeit, solange sie nicht in der uns noch bevorstehenden Hundepubertät stecken bleibt?

Zum Schluss noch eine Anmerkung zu Hundezeitschriften, die Du natürlich auch nicht liest, was in diesem Fall wirklich besser ist, da es sich im Prinzip nur um verkappte Werbebroschüren handelt, wie so viele Hochglanzblätter, die nur zum Zweck der Anzeigenakquise auf den Markt gebracht werden, und bei denen die redaktionellen Beiträge nur Lückenfüller sind und als Leserleckerli dienen, die uns hundegleich zu etwas verführen sollen, was wir eigentlich gar nicht wollen oder brauchen. Im übrigen hast Du auch schon den Mercedes, den Frau von der Leyen (nicht die Ministerin) als ideales Hundeauto empfiehlt! Vielleicht ist Eure Version zu klein, aber da deuten sich ja Wechsel an!

Was Ernährungstipps betrifft, so wird Dir im selben Heft von „dogs“ Trockenfutter empfohlen und davon abgeraten, Selbstkochen als gut, aber sehr kompliziert bei der Ausgewogenheit der Ernährung, näher gebracht. Feuchtfutter ist prima, noch besser aber vielleicht die Ernährung mit rohen Nahrungsmitteln, wie sie der Natur der Hunde entspricht. Bald wird es Kochkurse für Hundebesitzer und linksdrehendes, nach Rassen unterschiedenes Joghurt im Biomarkt geben. Eines allerdings habe ich festgestellt, das als naturbelassen ausgezeichnete Dosenfutter ist weniger geruchsintensiv, als die mit Lockstoffen versehene Massenware.

Mika bekommt trocken und feucht, Kartoffeln, Karotten und Rosenkohl, Knochen fürs Nagen und – was sie über alles liebt – trockenes Brot. Wahrscheinlich alles falsch, aber warum soll es ihr schlechter gehen als uns. An leeren Weinflaschen schnüffelt sie auch schon, ich fürchte da könnte ein Alkoholproblem ins Haus stehen.

Wau, Wau!

Hansjürgen

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